Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Konnte man früher in Zeiten andächtiger Stille Störenfriede jeglicher Art mit Weihwasser in die Flucht schlagen, steht man heute kopfschüttelnd vor der Erkenntnis, daß es gar nichts Heiliges mehr auf diesem Planeten gibt, das einem Schutz gewähren könnte vor einer hinterhältigen Attacke eines Trolls.
In Norwegen gab es schon immer Trolle. Wer kennt sie nicht aus den Erzählungen von Astrid Lindgren und Tomte Tumtetot? Dunkle Baumwurzeln an eisigen Fjorden und Schluchten Norwegens waren ihr Zuhause, aus dem sie sich nur nachts hervortrauten. Und heute?
Heute sind sie im World Wide Web daheim. Millionenfach trollen sie sich im Minutentakt durch die Welt der PC´s, von Alaska bis Madagaskar, von Feuerland bis Wladiwostok, nicht die kleinste Hütte, egal wie kalt, heiss, dunkel oder von der Sonne verwöhnt hat eine Chance, vor Trollen verschont zu bleiben.
Na ja, vielleicht gibt es doch eine Lösung: Niemals nie im Leben sich vor einen PC zu setzen und eine Webseite aufzuschlagen, die einen Button zu einem Forum hat. Und schon gar nicht, wenn er irgendetwas mit einem Chat zu tun hat.
Die Chaträume sind die Futterquellen der Trolle. Hier finden sie alles, was sie zum Leben brauchen: Diskussionen, intellektuelle Gedankenspiele, Liebesgeschichten, Satiren, Geburtstagsanzeigen und Schimpfwörter in allen Sprachen. Hier können Trolle schnuppern, futtern, lauschen, aufpassen, auf der Lauer liegen und stundenlang abwarten, um dann im passenden Moment zuzuschlagen.
Der typische Forentroll ist ein mutierendes Wesen. In jedem Fall hat er zwei kleine schwarze Augen und eine lange Nase. Diese ermöglicht es ihm, atmosphärische Schwingungen während einer Gesprächsführung schon viel früher als die Teilnehmer selber zu erkennen. Unbemerkt von anderen Usern läuft er wie ein rotierendes Wiesel zu Höchstform auf, egal, ob er in einem Forum in den USA oder in Deutschland unterwegs ist, und während die anderen sich noch unterhalten, ist er schon mittendrin.
Das untrügliche Kennzeichen eines Forentrolls ist sein arrogantes Verhalten. Seichtes Fachwissen überspielt er oft durch dominantes Auftreten in der Hoffnung, daß keine Fragen oder gar Widerworte an ihn gerichtet werden.
Ein professioneller Forentroll lässt keine andere Meinung als seine eigene zu, widerspricht selber aber ständig den anderen, die er rundum für ungebildet, platt und doof hält.
Trolle, die sich gerne die Generation 40+ aussuchen, fallen zudem durch ihre unterschwellige Aggressivität auf, die sie mitunter so geschickt verpacken, dass Leser hinterher selber aggressiv werden und sich nicht erklären können, woher das kommt.
Das ist der große Moment, wo ein Troll sich multipliziert. Tausende seiner geistigen Ergüsse sprudeln wie Schwefelquellen aus ihm heraus. Holt er einmal Luft, und schafft es wirklich jemand anderes, eine andere Meinung zu vertreten, wird dieses als persönlicher Angriff verstanden und virtuos in Sekundenschnelle zerpflückt.
Es ist bitter ernst. So ernst, daß ein Lachen in der Kehle stecken bleibt. Trolle kennen keinen Humor. Was nicht zum Weltbild eines Trolls passt, endet in einem psychologischen Rundumschlag, der so massiv ist, dass in Alaska die Eichhörnchen von den Bäumen fallen und in Madagaskar alte Holzfässer zu Staub werden.
Lebensmüde der, der es wagt, einem Troll zu widersprechen. Kein Argument der Welt könnte dem eines Trolles je ebenbürtig sein. Denn auf der Suche nach der Wahrheit seiner Aussagen, müsste man den Troll ja zuerst mit seiner Unwahrheit seiner Aussagen konfrontieren, oder?
Das ist zuviel, denn nun ist der große Moment da, in dem ein Forentroll sein Repertoire an Beleidigungen und verbalen Schlammschlachten öffnet wie eine schwarze Wolke ihre Schleusen und über der entsetzten Forengemeinde auskippt.
Sich über andere Menschen lustig zu machen, Neid zu säen, zu verleumden, leise nicht von lauten Tönen unterscheiden zu können und andere Ansichten polemisch anzugreifen - das sind die 10 Gebote im Leben eines Forentrolls.
Was kann man dagegen nun tun? Das Einfachste ist es, einen Troll nicht zu füttern. Auf Englisch heisst das: "Don´t feed the troll". Einfach nicht darauf reagieren.
Denn satte Trolle sind die allergrösste Gefahr im Forum. Dem Menschen gar nicht so unähnlich, suchen sie hier ihre Freunde, verlieben sich, heiraten sogar und bekommen Nachwuchs. Schon manches Forum musste diese leidvolle Erfahrung machen und hat seinen Geist nach einigen Jahren aufgegeben.
Das überzeugende Argument eines Trolles? Ja, wo war das eigentlich? Niemand weiss es, keiner hat es gehört, wer gelesen?
Es hat sich verflüchtigt wie ein Nebelgespinst an einem regnerischen Märzmorgen – bis zum nächsten Besuch in einem anderen Forum.
28.02.2008
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